Neues aus der Praxis


13.09.2023 - Allgemein

§ 10 Abs. 4 S. 2 UVPG ist mit Unionsrecht nicht vereinbar

Kürzlich ist ein Beschluss des EuGH vom 28.02.2023 veröffentlicht worden, der erhebliche Auswirkungen auf Genehmigungsverfahren und ggf. auch noch anhängige Klageverfahren für gewerblich, also ohne eigene Futtergrundlage betriebene Tierhaltungsanlagen haben wird. Auf eine Vorlage des VG Minden zu den Kumulationsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 4 UVPG stellte der EuGH zu dem im deutschen Recht aus § 10 Abs. 4 S. 2 UVPG folgenden Erfordernis der Verbindung mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtung zur Herstellung eines die Kumulation (mit) bergründenden engen Zusammenhangs technischer und sonstiger Anlagen fest, dass dieses unionsrechtswidrig ist. In den Randnummern 31-34 heißt es hierzu wie folgt:

 

„Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass sich bei der Überprüfung, ob ein Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, die einer nationalen Behörde nach diesen Vorschriften obliegende Verpflichtung, die Auswirkungen zu prüfen, die das Projekt zusammen mit anderen haben könnte, mangels einer Präzisierung nicht allein auf gleichartige Projekte beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Februar 2015, Marktgemeinde Straßwalchen u. a., C?531/13, EU:C:2015:79, Rn. 45).

 

Erst recht kann diese Verpflichtung nicht allein auf Projekte beschränkt werden, die mit gemeinsamen Einrichtungen verbunden sind. Daher kann, wie das vorlegende Gericht ausführt, die Frage, ob mehrere Projekte zusammen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, nicht von einer Verbindung dieser Projekte mit solchen Einrichtungen abhängen.

 

Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2011/92 in Verbindung mit Anhang III Nr. 1 Buchst. b und Nr. 3 Buchst. g dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die Verpflichtung, die Auswirkungen zu prüfen, die ein Projekt gemeinsam mit anderen Projekten haben könnte, auf Fälle beschränkt ist, in denen die geplante Anlage und die anderen Projekte mit gemeinsamen Einrichtungen verbunden sind.“

 

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=271195&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

 

[Hervorhebung nicht im Original.]

 

Im Ergebnis kommt diese Entscheidung nicht überraschend und ist vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Normzwecks folgerichtig (vgl. hierzu: Arnold, in: Beckmann/Kment, UVPG/UmwRG, 6. Auflage (2023), § 10 Rn. 30 ff.), wenngleich das BVerwG zur Vorgängernorm des § 3b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UVPG a.F. feststellte, dass das seinerzeit gleichlautende Erfordernis unionsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

 

Für laufende und kommende Genehmigungsverfahren sowie ggf. auch für noch anhängige Klageverfahren wird dieser Beschluss genau auszuwerten und insbesondere die jeweilige Konstellation daraufhin abzuprüfen sein, ob eine Verneinung des Vorliegens der Kumulationsvoraussetzungen durch eine Trennung der Anlagen dergestalt erreicht wurde, dass das Entstehen gemeinsamer betrieblicher oder baulicher Einrichtungen ausgeschlossen wurde (bspw. durch ein Wegziehen des Bauherrn von der elterlichen Hofstelle, um die verbindende Wirkung eines gemeinsam genutzten Betriebsleiterwohnhauses zu umgehen), wohingegen die weiteren Voraussetzungen (überschneidende Umwelteinwirkungen und funktional-wirtschaftliche Bezogenheit der Projekte aufeinander) vorlagen.

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich an: Dr. Martin Arnold

21.07.2023 - Verwaltungsrecht

§ 13b BauGB ist mit Unionsrecht nicht vereinbar

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 18. Juli 2023 entschieden, dass Freiflächen außerhalb des Regelungsbereichs einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b S. 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden dürfen.

 

Die Entscheidung bezieht sich auf ein Normenkontrollverfahren einer gemäß § 3 UmwRG anerkannten Umweltvereinigung gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat den Normenkontrollantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Pressemitteilung aus, der Plan leide an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er sei zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber habe sich in § 13b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese müsse nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen seien. Der Gesetzgeber dürfe sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen.

 

Diesem eindeutigen und strengen Maßstab werde § 13b Satz 1 BauGB nicht gerecht. Anders als bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, die der Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des Siedlungsbereichs entgegenwirken sollten, erlaube § 13b BauGB gerade die Überplanung solcher Flächen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13b Satz 1 BauGB – Flächenbegrenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – seien nicht geeignet, erhebliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen. Das gelte schon wegen der ganz unterschiedlichen bisherigen Nutzung der potenziell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit.

 

§ 13b BauGB dürfe daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden. Die Antragsgegnerin habe somit nach den Vorschriften für das Regelverfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung durchführen sowie einen Umweltbericht erstellen und der Begründung des Bebauungsplans beifügen müssen. Dieser beachtliche, vom Antragsteller fristgerecht (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gerügte, Verfahrensmangel habe die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge (Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 59/2023 vom 18. Juli 2023).

 

Für die Praxis ergeben sich aus dem Urteil vermutlich folgende Konsequenzen:

 

Laufende Verfahren nach § 13b BauGB müssen entweder eingestellt oder auf ein normales Verfahren mit Umweltbericht und Eingriffsausgleich umgestellt werden. Für Letzteres wird eine erneute Offenlage erforderlich sein.

 

In der Vergangenheit beschlossene Bebauungspläne nach § 13b BauGB dürften unwirksam sein. Für bereits bebaute Plangebiete führt dies in der Regel zur Anwendbarkeit von § 34 BauGB. Für die Bauvorhaben gelten dann nicht mehr die Festsetzungen des bisherigen Bebauungsplans. Möglicherweise können die bisherigen Festsetzungen durch einen neuen Bebauungsplan, dann beschlossen im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB und gestützt auf § 13a BauGB, ohne erneute Offenlage erneut in Kraft gesetzt werden, sofern dieser Bebauungsplan zu einer weiteren Innenentwicklung beiträgt, ansonsten durch einen Bebauungsplan im normalen Verfahren und mit Umweltbericht und Eingriffsausgleich.

 

Sind Gebäude im Plangebiet im Genehmigungsfreistellungsverfahren bereits fertiggestellt worden, werden sie in Bezug auf die später festgestellte Nichtigkeit des Bebauungsplans durch landesrechtliche Vorschriften geschützt (z. B. § 63 Abs. 7 BauO NRW, § 62 Abs. 11 S. 2 NBauO). Baumaßnahmen für Gebäude, die noch nicht fertiggestellt sind, sind dagegen formell und unter Umständen auch materiell illegal. Sie können – und müssen möglicherweise auch – von der Bauaufsicht unterbunden werden.

 

Sind Gebäude im Plangebiet dagegen durch eine Baugenehmigung zugelassen, so setzt sich in der Regel die Bestandskraft der Baugenehmigung durch. Die Baugenehmigung erweist sich im Nachhinein zwar objektiv als rechtswidrig, eine Rücknahme steht aber im Ermessen der Bauaufsicht. Angesichts der auszugleichenden Vermögensschäden bei Rücknahme der Baugenehmigung nach § 48 VwVfG wird das Ermessen in den meisten Fällen nicht auf Null reduziert sein, die Genehmigung zurückzunehmen.

 

Arbeiten der Gemeinde oder eines Vorhabenträgers zur Erschließung des Plangebiets dürfen vermutlich nicht mehr durchgeführt werden. Restarbeiten dürften auf der Grundlage von § 125 Abs. 2 BauGB möglich sein.

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an Herrn Prof. Dr. Olaf Bischopink oder Frau Elisabeth Willems.

 

09.03.2023 - Verwaltungsrecht

Initiativstellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zur Reform des Baugesetzbuchs

In der Initiativstellungnahme 9/2023 hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) durch seinen Gesetzgebungsausschuss Verwaltungsrecht Vorschläge zur Reform des Baugesetzbuchs unterbreitet.  Die Stellungnahme enthält Vorschläge für Änderungen und Ergänzungen des BauGB sowie der BauNVO mit dem Ziel dort Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen, wo sich bestehende Unsicherheiten bei der Anwendung des Bauplanungsrechts als Investitionshemmnisse erweisen. So wird vorgeschlagen den Festsetzungskatalog des § 9 BauGB zu erweitern, um dort eine Rechtsgrundlage für die Kontingentierung von Lärmemissionen in Gewerbe- und Industriegebieten zu schaffen. Durch einen neuen § 9 Abs. 2e BauGB soll den Kommunen die Möglichkeit eröffnet werden durch Festsetzungen im Bebauungsplan von den Immissionsrichtwerte der TA Lärm abzuweichen, sofern gesunde Wohn- und Lebensverhältnisse gewahrt bleiben. Der DAV schlägt zudem vor, § 9 Abs. 2d BauGB neu zu regeln, da sich die Vorschrift nicht eignet das angestrebte Ziel, nämlich den Erlass einfacher Bebauungspläne zur Wohnraumversorgung, zu verwirklichen, was insbesondere auf inhaltlicher Unbestimmtheit beruht.

Die DAV-Initiativstellungnahme 9/2003 finden Sie hier.

Dr. Georg Hünnekens war als Mitglied des DAV-Ausschusses Verwaltungsrecht und Berichterstatter an der Initiativstellungnahme beteiligt. Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an Herrn Dr. Georg Hünnekens.

27.02.2023 - Verwaltungsrecht

Pressemitteilung

Teilerfolg der Stadt Bottrop im Streit um Decathlon-Markt in Oberhausen

In einem Normenkontrollverfahren hat heute das Oberverwaltungsgericht den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 27 - Brammenring - der Stadt Oberhausen auf Antrag der Stadt Bottrop für unwirksam erklärt. Mit dem angegriffenen Bebauungsplan sollte die planungsrechtliche Grundlage für die von der Beigeladenen beabsichtigte Errichtung eines Decathlon-Sportfachmarkts auf einem Grundstück in der Nähe des Einkaufszentrums CentrO geschaffen werden. Die Klage der Stadt Bottrop gegen den der Beigeladenen erteilten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid der Stadt Oberhausen für einen Sportfachmarkt hat das Oberverwaltungsgericht demgegenüber im Berufungsverfahren abgewiesen. Damit hat es die von der Beigeladenen angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert, das der Klage stattgegeben hatte.

 

Zur Begründung der Urteile führte der Vorsitzende des 10. Senats aus: Der Bebauungsplan ist unwirksam. Er ist nicht an die Ziele der Raumordnung angepasst. Bei dem Decathlon-Sportfachmarkt, für dessen Ansiedlung der Bebauungsplan die planungsrechtliche Grundlage in Form eines Sondergebiets schaffen soll, handelt es sich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb mit zentrenrelevanten Kernsortimenten. Nach dem Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen dürfen Sondergebiete für solche Vorhaben nur in bestehenden zentralen Versorgungsbereichen sowie in neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrierten Lagen geplant werden. Das Sondergebiet wird hier in eine in dem Einzelhandelskonzept der Stadt Oberhausen so bezeichnete Entwicklungsfläche des "Hauptzentrums Neue Mitte Oberhausen" hineingeplant, in der insbesondere das CentrO angesiedelt ist. Die damit beabsichtigte Erweiterung des "Hauptzentrums Neue Mitte Oberhausen" kommt der Neuplanung eines zentralen Versorgungsbereichs gleich. Die Voraussetzungen für einen solchen liegen hier nicht vor, denn es fehlt an einer städtebaulich integrierten Lage, wie sie der Landesentwicklungsplan für neu geplante zentrale Versorgungsbereich verlangt. Für die Entwicklungsfläche, in die das Sondergebiet hineingeplant wird, sind die Erwägungen, die seinerzeit die Entstehung und die Entwicklung des "Hauptzentrums Neue Mitte Oberhausen" möglich gemacht hatten, heute angesichts der Entwicklung des Einzelhandels, des Niedergangs vieler Innenstädte und geänderter rechtlicher Vorgaben nicht mehr gleichermaßen tragfähig.

 

Die Klage der Stadt Bottrop gegen den der Beigeladenen erteilten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für einen Sportfachmarkt mit einer Gesamtverkaufsfläche von 4.500 qm ist unbegründet. Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans kann die Klägerin insoweit nichts zu ihren Gunsten herleiten. Ein bauplanungsrechtliches Abwehrrecht kann sich für sie nur daraus ergeben, dass von Vorhaben, die - wie hier - im unbeplanten Innenbereich verwirklicht werden sollen, keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Standortgemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein dürfen. Der Vorbescheid bestimmt, dass nur ein Sportfachmarkt bauplanungsrechtlich zulässig ist, dessen Verkaufsfläche für zentrenrelevante Sortimente maximal 800 qm beträgt. Aus der vorliegenden Auswirkungsanalyse mit einer Prognose der zu erwartenden Umsatzverteilungen ergibt sich, dass im Fall der Ansiedlung des geplanten Decathlon-Sportfachmarkts schädliche Auswirkungen zu Lasten der Bottroper Innenstadt und des Bottroper Nebenzentrums Boy nicht zu erwarten sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung etwaiger durch das CentrO bereits hervorgerufener nachteiliger Auswirkungen auf diese zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Bottrop.

 

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen

10 D 26/20.NE

10 A 1136/22 (I. Instanz: VG Düsseldorf 25 K 6111/19)

(Es handelt sich um eine Pressemitteilung des OVG NRW)

 

Baumeister Rechtsanwälte waren die Prozessbevollmächtigten der Stadt Bottrop.

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an Herrn Prof. Dr. Bischopink.

 

 

10.02.2023 - Verwaltungsrecht

Pressemitteilung

Normenkontrollantrag der Stadt Delmenhorst gegen einen Bebauungsplan der Gemeinde Stuhr zur Errichtung
eines Sportfachmarktes sowie Klage gegen die diesbezügliche Baugenehmigung erfolgreich

LÜNEBURG. Der 1. Senat hat mit Urteilen vom 9. Februar 2023 den Bebauungsplan Nr. 23/220 „Brinkum-Nord Sportfachmarkt“ der Gemeinde Stuhr für unwirksam erklärt (Az.: 1 KN 63/20) und die der beigeladenen Grundstücksgesellschaft auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung aufgehoben (Az.: 1 LC 83/22, Vorinstanz VG Hannover, Az.: 4 A 3897/20).

In dem Normenkontrollverfahren wendet sich die Stadt Delmenhorst gegen einen Bebauungsplan der Gemeinde Stuhr für ein ca. 17.000 m² großes Gebiet am Einzelhandelsstandort „Brinkum Nord“. Der Bebauungsplan setzt ein Sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Sportfachmarkt“ fest. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines großflächigen Sportfachmarktes, gegen die sich die vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesene Klage der Stadt Delmenhorst richtet.

Die Stadt Delmenhorst sieht das Gebot, Bebauungspläne zwischen benachbarten Gemeinden abzustimmen, verletzt und befürchtet durch den Sportfachmarkt insbesondere nachteilige Auswirkungen auf ihre Innenstadt sowie auf die ihr durch Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion als Mittelzentrum
mit oberzentraler Teilfunktion im Bereich des Einzelhandels. Ihre bereits geschwächte Innenstadt könne weitere Konkurrenz durch Einzelhandelsstandorte außerhalb der Zentren nicht mehr verkraften. Daneben rügt sie zahlreiche weitere Mängel des Bebauungsplans. Da der Bebauungsplan unwirksam sei, sei auch die auf seiner Grundlage erteilte Baugenehmigung aufzuheben.

Der Senat ist dieser Argumentation in wesentlichen Punkten gefolgt. Die Stadt Delmenhorst könne sich auf das zwischengemeindliche Abstimmungsgebot berufen und sei daher berechtigt, den Bebauungsplan und die Baugenehmigung zur gerichtlichen Prüfung zu stellen. Der Bebauungsplan sei unwirksam, weil er an einem formalen Fehler leide. Zudem missachte er die Vorgabe des Landesraumordnungsprogramms, zentrenrelevante Sortimente - dazu zählten jedenfalls Sportbekleidung und -schuhe - nur in den Zentren und nicht an außerhalb gelegenen Standorten anzusiedeln. Ein Recht zur eigenständigen Bestimmung, was in der jeweiligen Gemeinde zentrenrelevant sei, komme der Gemeinde Stuhr nur in engen, hier überschrittenen rechtlichen Grenzen zu. Weitere die Stadt Delmenhorst schützende baurechtliche Bestimmungen verletze der Bebauungsplan dagegen nicht; insbesondere seien die Auswirkungen des Vorhabens auf die Innenstadt Delmenhorsts nicht so schwerwiegend, dass der Bebauungsplan deshalb fehlerhaft sei. Die Baugenehmigung sei aufzuheben, weil sie auf einem unwirksamen Bebauungsplan beruhe und das Vorhaben auf der Grundlage des zuvor geltenden Bebauungsplans nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Die Verletzung des insofern bestehenden Planungserfordernisses reiche aus, um einen Aufhebungsanspruch der Stadt Delmenhorst zu begründen.

Im gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahren hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Im Berufungsverfahren, das die Baugenehmigung betrifft, hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen.

Die Entscheidungen werden in dem kostenfrei zugänglichen Niedersächsischen Vorschriftensystem (https://voris.wolterskluwer-online.de) veröffentlicht werden.

(Es handelt sich um eine Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts)

Baumeister Rechtsanwälte waren die Prozessbevollmächtigten der Stadt Delmenhorst.

Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an Herrn Prof. Dr. Bischopink.

26.01.2022 - Verwaltungsrecht

Bundesverwaltungsgericht bestätigt die Rechtmäßigkeit der Erhebung eines Wasserent-nahmeentgelts gegenüber einer Bergbaugesellschaft nach Einstellung der aktiven Bo-denschatzgewinnung

Die Festsetzung eines Grundwasserentnahmeentgelts für die Hebung von Grubenwasser auf der Basis des saarländischen Wasserentnahmeentgeltgesetzes ist nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch nach Einstellung der aktiven Bodenschatzförderung rechtmäßig. Damit wurde ein Festsetzungsbescheid der saarländischen Wasserbehörde bestätigt und einer von Baumeister Rechtsanwälte erhobenen Revision stattgegeben.

 

Die Entscheidung bezieht sich auf ein Unternehmen der Steinkohlegewinnung, das bis zum Jahr 2012 Steinkohle im Saarland förderte und für die mit dem Abbau zwingend verbundene Grubenwasserhaltung nach § 1 Abs. 1 des Saarländischen Grundwasserentnahmeentgeltgesetzes (GwEEG) jährlich zu einem Grundwasserentnahmeentgelt herangezogen wurde. Mit dem im Verfahren angefochtenen Bescheid setzte die Saarländische Wasserbehörde für das Veranlagungsjahr 2014 ein Entgelt in Höhe von knapp 500.000 EUR fest. Hiergegen wehrte sich das Unternehmen mit der Begründung, nach Einstellung der aktiven Steinkohlenförderung sei die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts unzulässig, weil die Grubenwasserhaltung ihm keinen wirtschaftlichen Vorteil mehr vermittele. Während der Widerspruch und die in erster Instanz beim Verwaltungsgericht des Saarlandes erhobene Klage erfolglos blieben, hob das OVG des Saarlandes den Festsetzungsbescheid mit der Begründung auf, dass der Entgelttatbestand des § 1 Abs. 1 GwEEG bei verfassungskonformer Auslegung auf die Klägerin nicht anwendbar sei. Die Benutzung des Grundwassers müsse für den Abgabenpflichtigen einen werthaltigen Sondervorteil im Sinne eines wirtschaftlichen Vorteils bewirken. Ein solcher sei nicht mehr feststellbar, wenn die Bodenschatzgewinnung eingestellt sei und das Unternehmen daher keine Erlöse mehr erziele. Zudem greife zugunsten der Klägerin der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 GwEEG in analoger Anwendung ein, da sie die Grubenwasserhaltung nach Einstellung der Bodenschatzgewinnung nur noch im Gemeinwohlinteresse betreibe.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision der Wasserbehörde stattgegeben und die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts abgeändert. Die Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts ist demnach rechtmäßig. Zur Begründung führt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Pressemitteilung aus, dass nichtsteuerliche Abgaben, zu denen Wasserentnahmeentgelte zählen, nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes insbesondere zur Vorteilsabschöpfung erhoben werden können. Der verfassungsrechtliche Vorteilsbegriff sei dabei nicht auf wirtschaftliche Vorteile beschränkt. Bei der Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts könne der erforderliche Sondervorteil bereits in der privilegierten Teilhabe an der knappen natürlichen Ressource Wasser als einem Gut der Allgemeinheit bestehen, das einer öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterliegt. Im Fall der Klägerin genüge daher für die Entgeltpflicht der erlaubte Zugriff auf das Grundwasser, der es ihr ermögliche, die Vorgaben ihres zugelassenen bergrechtlichen Hauptbetriebsplans zur Wasserhaltung zu erfüllen. Auf den Umstand, dass die Klägerin im Veranlagungsjahr 2014 an den betreffenden Bergbaustandorten keinen Gewinn mehr erzielte, komme es nicht an. Die vom Berufungsgericht angenommene Ausnahme von der Entgeltpflicht analog § 1 Abs. 2 Nr. 1 GwEEG gehe zudem von einem fehlerhaften Verständnis der bergrechtlichen Pflichtenstellung der Klägerin aus. Die Fortführung der Grubenwasserhaltung sei nicht vorrangig aus Gründen des Gemeinwohls oder ausschließlich aus Gründen der vorbeugenden Gefahrenabwehr erfolgt, wie das Berufungsgericht angenommen hatte, sondern aufgrund ihrer freien und privatnützigen unternehmerischen Entscheidung (Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 09/2022 vom  26.01.2022).

Rückfragen an: Dr. Antje Wittmann

 

25.01.2022 - Verwaltungsrecht

Veröffentlichung

Bebauungsplan für Designer Outlet Center in Remscheid unwirksam

Der Bebauungsplan für ein Designer Outlet Center im Remscheider Stadtteil Lennep ist unwirksam. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

 

Der angegriffene Bebauungsplan Nr. 657 ("Gebiet: Röntgen-Stadion, Jahnplatz und Kirmesplatz in Remscheid-Lennep") überplant ein 11,5 ha großes Gebiet und soll die Voraussetzungen für ein Einkaufszentrum im sog. Village-Stil schaffen. Auf einer etwa 5 ha großen Teilfläche ("SO1") sollen auf mindestens 12 000 qm und maximal 20 000 qm Verkaufsfläche heruntergesetzte Markenartikel – also etwa Produkte 2. Wahl, Auslaufmodelle, Restposten, Überproduktion – verkauft werden. Auf einer zweiten Teilfläche ("SO2") ist ein Parkhaus vorgesehen.

 

Auf den Antrag eines Plannachbarn hat das Oberverwaltungsgericht Münster den Bebauungsplan für unwirksam erklärt (OVG Münster, Urteil vom 28. Oktober 2020 - 10 D 43/17.NE). Die dagegen gerichteten Revisionen der Gemeinde und der Vorhabenträgerin hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Denn die Bestimmungen des Plans zur Verkaufsfläche waren rechtsfehlerhaft. Solche Festsetzungen lässt die Baunutzungsverordnung (BauNVO) nur als Bestimmungen zur Art der baulichen Nutzung zu. Die Gemeinde ist befugt, die Verkaufsfläche für einzelne Vorhaben festzusetzen. Einen solchen Vorhabenbezug hatte der Plan aber nicht wirksam hergestellt; aus Umständen außerhalb des Plans, etwa städtebaulichen Verträgen oder den Eigentumsverhältnissen, kann sich der Vorhabenbezug nicht ergeben. Die Gemeinde hatte die Verkaufsfläche auch nicht für ein einziges Buchgrundstück bestimmt, sondern nur für das im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aus mehreren Grundstücken bestehende Sondergebiet SO1. Dieser Fehler führte zur Gesamtunwirksamkeit des Plans, weil es ein zentrales Anliegen der Antragsgegnerin war, die Verkaufsfläche zu begrenzen.

BVerwG 4 CN 5.20 - Urteil vom 25. Januar 2022

Vorinstanz:

OVG Münster, 10 D 43/17.NE - Urteil vom 28. Oktober 2020 -

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Prof. Dr. Olaf Bischopink

01.01.2021 - Allgemein

Verabschiedung

Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Beckmann aus der Sozietät ausgeschieden

Mit Ablauf des 31.12.2020 ist unser Kollege und Sozius Prof. Dr. Martin Beckmann aus der Kanzlei ausgeschieden.

 

Herr Prof. Beckmann war unserer Kanzlei fast 38 Jahre verbunden, zunächst während seines Referendariats und nach einigen Jahren als Referent und Geschäftsführer des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster als Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Sozius. In dieser Zeit hat er die Entwicklung der Kanzlei ganz entscheidend geprägt. Er hat eine Vielzahl bedeutender Mandate geführt und dadurch in besonderer Weise zur Reputation des Büros und dessen Entwicklung beigetragen.

 

Herr Prof. Beckmann hat die Rechtswissenschaft und die wissenschaftliche Diskussion mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Beiträge bereichert. Er hat während dieser Zeit ca. 235 Veröffentlichungen verfasst, darunter Kommentierungen des UVPG, des KrWG, des USchadG und des BBergG, Beiträge zum Umwelt- und Planungsrecht, zum Kommunalverfassungsrecht, zum Raumordnungsrecht und zum Enteignungsrecht. Neben seiner Herausgebertätigkeit bei verschiedenen Fachzeitschriften (ZfB, BauR, AbfallR, EuRUP, ZUR, I+E, W+B) verdienen hier seine (Mit-)Herausgeberschaft des Landmann/Rohmer, dem ältesten Großkommentar des Umweltrechts, des von ihm gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Martin Kment herausgegebenenen Kommentars zum UVPG sowie die von Prof. Beckmann seit vielen Jahren verfasste Einführung zum KrWG in der Textsammlung „Beck-Texte im dtv“ besondere Erwähnung.

 

Auch in der rechtswissenschaftlichen Aus- und Fortbildung hat sich Herr Prof. Beckmann verdient gemacht. Viele Jahre hat er an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie im Rahmen der Fachanwaltsausbildung bei der Deutschen Anwalts-Akademie Umweltrecht, Baurecht und Kommunalverfassungsrecht unterrichtet und Vorträge u.a. auf dem Deutschen Juristentag, dem Deutschen Anwaltstag, bei der Gesellschaft für Umweltrecht, beim Deutschen Atomrechtssymposium, an verschiedene Universitäten (von Rostock, Hamburg über Gießen, Kassel, Mannheim, Augsburg, Dresden, Berlin, Weimar etc.) gehalten. Seit ca. 25 Jahren ist er Mitglied des Vorstandes der Juristischen Studiengesellschaft Münster und seit ca. 10 Jahren des Vorstandes der ARGE für Verwaltungsrecht des Deutschen Anwaltvereins, Landesgruppe Nordrhein-Westfalen. Herr Prof. Beckmann ist weiterhin im Umweltrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins, in der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages, in einigen speziellen Beratungsmandaten anwaltlich sowie vor allem rechtswissenschaftlich tätig.

 

Herr Prof. Beckmann war darüber hinaus durchgehend wichtiger Impulsgeber für das Wachstum der Sozietät, das er maßgeblich und mit Erfolg vorangetrieben hat. Er hatte immer nicht nur das Wohl der Sozietät, sondern auch dasjenige der anwaltlichen und nicht-anwaltlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick.

10.12.2020 - Tiertransportrecht/Gefahrenabwehr- und Ordnungsrecht

Beschluss

OVG Münster erlaubt Export von 66 trächtigen Zuchtrindern ins Königreich Marokko

Ein für den 11. Dezember 2020 geplanter Transport von 66 trächtigen Zuchtrindern nach Marokko kann durchgeführt werden. Dies hat der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 10. Dezember 2020 (Az. 20 B 1958/20) in einem von den Baumeister Rechtsanwälten geführten Beschwerdeverfahren entschieden. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Köln den Transport mit Beschluss vom 10. Dezember (Az. 21 L 2339/20) untersagt.

 

Bereits mit Beschluss vom 18. November 2020 hatte das Verwaltungsgericht Köln einen Transport von 132 Rindern nach Marokko angehalten und sich dabei im Wesentlichen auf die aus seiner Sicht bestehende Wahrscheinlichkeit einer tierschutzwidrigen Behandlung der Rinder in Marokko gestützt. In Bezug auf den am 11. Dezember 2020 geplanten weiteren Transport hatte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Dezember 2020 (Az. 21 L 2254/20) entschieden, dass zwar ein Anspruch auf die Transportgenehmigung nach europäischem Verordnungsrecht besteht. Dabei hatte es aber ausdrücklich offen gelassen, ob nicht ein Einschreiten der Tierschutzbehörde gegen den Transport wegen der Behandlung der Tiere nach der Ankunft in Marokko geboten sei.

 

Daraufhin hatte der Rhein-Sieg-Kreis den Tiertransport mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 8. Dezember 2020 untersagt. Begründet wurde dies vor allem mit der voraussichtlich nicht tierschutzgerechten Behandlung der Rinder in Marokko.

 

Hiergegen wandte sich das von den Baumeister Rechtsanwälten vertretene Transportunternehmen mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht und legte ausführliche Unterlagen über die voraussichtliche Verwendung der Rinder in Marokko zu Zuchtzwecken und in Milchviehbetrieben vor. Das Verwaltungsgericht sah die Erfolgsaussichten der zugleich mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erhobenen Klage gegen den Bescheid des Rhein-Sieg-Kreises gleichwohl als offen an, weil das tatsächliche Schicksal der zu transportierenden Rinder nach wie vor nicht hinreichend klar sei.

 

Dem ist der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht gefolgt und hat ausgeführt, dass das Beschwerdevorbringen die Annahmen des Verwaltungsgerichts (und damit auch des Rhein-Sieg-Kreises) „durchgreifend in Frage“ stelle. Die Untersagungsverfügung vom 08. Dezember 2020 sei voraussichtlich rechtswidrig. Es sei bereits fraglich, ob die angenommenen tierschutzrechtlichen Verstöße in Marokko der Spedition überhaupt zuzurechnen seien. Die Annahme einer fortdauernden Verantwortlichkeit allein wegen des Transports begegne zumindest erheblichen Beden­ken, wenn die Rinder - wofür nichts konkret Greifbares spreche - nicht sofort im An­schluss an den Transport tierschutzwidrig behandelt würden. Erheblich zweifelhaft sei auch, ob die in Rede stehende Gefahr von Verstößen hinrei­chend konkret sei. Der Rhein-Sieg-Kreis stütze sich lediglich auf allgemeine Erkenntnis­se, insbesondere von privaten Tierschutzorganisationen, zum Umgang mit Rindern in Marokko. Deren Verlässlichkeit sei bislang nicht durch neutrale Stellungnahmen etwa staatlicher Stellen abgesichert vermittele allenfalls ein generelles Bild. Die nach der Erkenntnislage verbleibenden er­heblichen Unwägbarkeiten und Ungewissheiten ermächtigten die Behörde nicht da­zu, Verstöße als wahrscheinlich zu unterstellen und einer Spedition den Nachweis aufzubürden, dass es nicht zu Zuwiderhandlungen gegen Anforderungen des (deutschen) Tier­schutzgesetzes in Marokko kommen wird. Vielmehr sei es Aufgabe der Behörde den Sachverhalt selbst  zu ermitteln. Angesichts der massiven Grundrechtseingriffe durch ein „faktisches Exportverbot“, das im geltenden Gesetzes- und Verordnungsrecht gerade nicht vorgesehen ist, könne auch der Tierschutz die behördliche Verbotsverfügung nicht legitimieren.

 

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Daniel Thal.

19.10.2020 - Allgemein

Ausbildung

Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten

Die Ausbildung zur/zum Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten hat in unserer Kanzlei einen hohen Stellenwert. Die Bundesagentur für Arbeit stellt unter dem nachstehenden Link den Tagesablauf einer/eines Notarfachangestellten am Beispiel unserer Mitarbeiterin, Frau Aysema Sivrikaya, detailiert dar und gibt gute Einblicke über die einzelnen Aufgabenfelder.

https://planet-beruf.de/schuelerinnen/mein-beruf/tagesablaeufe/tagesablaeufe-p-bis-s/rechtsanwalts-und-notarfachangestellter/

 


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